Mich erinnert die diesjährige RWE-Saison an die Spielzeit des Hamburger SV im letzten Jahr. Und ich hoffe, mit ähnlichem Ausgang. Vom 13. bis zum 22. Spieltag stand der Traditionsclub aus dem Norden auf einem Abstiegsplatz – zur Verwunderung vieler, denn die Qualität des Kaders war unbestritten.
Jeder wusste, dass die Truppe locker da unten rausmarschiert, wenn endlich wieder das volle Potenzial abgerufen wird. Doch Trainer Thomas Doll, ein sympathischer Mann und ehemaliger Spieler des Vereins, konnte trotz aller sichtlichen Bemühungen und großem Engagement, keine Änderung herbeiführen. Man verlor viele Spiele unglücklich und noch mehr wegen Nervosität und Offensivschwäche.
Das Unentschieden gegen Cottbus war dann wirklich seine allerletzte von vielen letzten Chancen, die ihm eingeräumt wurden: Doll wurde entlassen. Und es kam Huub Stevens, der mit 4 Siegen in den ersten 5 Partien startete und danach nur noch zwei Mal verlor. Es war, als wäre eine Blockade bei den Spielern gelöst. Dank großem Mannschaftsgeist und der plötzlich wieder abrufbaren Qualität jedes Einzelnen startete der HSV eine Serie, die ihn letztlich noch auf Rang sieben führte. Und in dieser Saison steht der Club wieder da, wo er hingehört: unter den Top5 der Tabelle.
Und bei RWE? Nur an acht von 27 Spieltagen stand der Traditionsclub aus dem Westen auf einem Nichtabstiegsplatz – auch wenn der Kader eigentlich die Qualität hätte, im oberen Drittel der Tabelle dabei zu sein. Doch Trainer Heiko Bonan, ein sympathischer Mann und ehemaliger Spieler des Vereins, konnte trotz aller sichtlichen Bemühungen und großem Engagement, keine Änderung herbeiführen. Man verlor viele Spiele unglücklich und noch mehr wegen Nervosität und Offensivschwäche.
Die Niederlage gegen Babelsberg war dann wirklich seine allerletzte von vielen letzten Chancen, die ihm eingeräumt wurden: Bonan wurde entlassen. So, da wären wir. Michael Kulm ist zwar nicht Huub Stevens, aber die Schlagworte „Ordnung und Disziplin“, die der neue Mann in seinem ersten RevierSport-Interview verlauten ließ, gehen schon in die Richtung.
Natürlich ist Kulm die Billiglösung. Das zeigt zwar die finanziellen Möglichkeiten des Clubs (nämlich dass er keine hat), ist aber noch lange kein Grund, den neuen Mann zu unterschätzen. Kulm hatte bei seinen bisherigen Trainerstationen immer Erfolg. Und vor allem zeigte seine U23 nicht nur souveränen, sondern auch schönen Fußball.
Spielbeobachter berichten häufig von Spielzügen, einem klaren System und reihenweise Torchancen, die auch noch verwertet wurden. Allein das macht Hoffnung: die Sehnsucht nach attraktivem und erfolgreichem Fußball ist groß, hat es doch in den letzten zwei Jahren weder das Eine noch das Andere davon an der Hafenstraße gegeben.
Schafft Kulm es, das Kopfproblem zu lösen, Selbstbewusstsein statt Nervosität bei den Kickern zu erwirken, dann klappt auch die Qualifikation noch. Vier Punkte Rückstand sind in zehn Begegnungen aufzuholen. Ich bin nämlich überzeugt, dass die derzeitige Situation eher dem Unglück als dem Unvermögen der Spieler geschuldet ist. Die Qualität ist da, jetzt muss sie endlich wieder abgerufen werden, ähnlich wie damals beim HSV. Komm schon, Michael, mach uns den Huub!